Auch in einem Vorstellungsgespräch gilt Regel „Der letzte Eindruck bleibt.“
Lesen Sie mehr über die Kunst, eigene Fragen am Ende des Vorstellungsgespräches zu stellen.
Kennen Sie folgenden Wortlaut aus vergangenen Vorstellungsgesprächen:
„So, jetzt haben wir Ihnen viele Fragen gestellt.
Interviewpartner des potentiellen Arbeitgebers
Haben Sie denn zum Abschluss noch Fragen an uns?“
Wer jetzt mit einem „Nein“ antwortet, hat leider verloren.
In der Regel sind die meisten Bewerber froh, wenn das Interview zu Ende ist, denn das Gespräch an sich war anstrengend und stressig genug.
Auf Grund von mangelnder Gesprächsvorbereitung kommt häufig das „Nein“ in erklärender Form:
„Nein, alle meine offenen Fragen wurden während des Gesprächs beantwortet.
Vielen Dank.“
Spontan haben viele Bewerber im Bewerbungsgespräch keine Frage parat, die sie noch stellen könnten. Hier schlägt der sogenannte Rezenzeffekt (englisch: recency effect) zu: Der letzte Eindruck, den Sie im Vorstellungsgespräch hinterlassen, ist der bleibende Eindruck bei Ihren Interviewpartnern. Und dieser Eindruck zeigt Ihrem potentiellen Arbeitgeber, dass Sie sich im Vorfeld keine Gedanken darüber gemacht haben,
- was Sie im Detail an der Stelle, an den Aufgaben und Inhalten interessiert,
- welche Perspektiven sich mit der neuen Stelle für Sie aufzeigen,
- welche Herausforderungen es für Sie auf dieser Position beim Start und ggf. auch mittelfristig geben wird,
- was Ihnen an Kollegen, der Abteilung und Unternehmenskultur wichtig ist und
- welche Kompetenzen und Verantwortlichkeiten mit der Stelle verbunden sind.
- Sie haben sich schlecht bis gar nicht vorbereitet.
Bereiten Sie sich gezielt auf Ihren letzten Eindruck vor. Das ist Ihr Trumpf!
Deshalb ist es so wichtig, sich vor jedem Vorstellungsgespräch Gedanken darüber zu machen, welche eigenen Fragen man im Vorstellungsgespräch stellen könnte. Es ist nicht nur gewünscht, Details zur erfragen sondern auch legitim in dieser Situation, denn Sie haben von sich bereits viel erzählt und preisgegeben.
Ziehen Sie am Ende des Vorstellungsgesprächs Ihr Ass aus dem Ärmel und nutzen Sie den letzten Eindruck.
Das zeigt:
- Sie haben sich ausgiebig mit der ausgeschriebenen Stelle und den Aufgaben beschäftigt.
- Sie haben sich ausführlich auf das Vorstellungsgespräch vorbereitet.
- Sie kommen in der Gesprächssituation souverän rüber.
- Sie möchten nicht irgendeine Stelle in irgendeinem Unternehmen haben.
Stattdessen sondieren Sie Ihre zukünftige Stelle und Ihren zukünftigen Arbeitgeber genau.
Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie sich Ihre eigenen Fragen für das Vorstellungegespräch auf einem Block notieren. Es wäre doch schade, wenn Sie sich vorbereiten, Ihre Fragen auswendig lernen und Ihnen dann im Bewerbungsgespräch Ihre eigenen Fragen nicht mehr einfallen.
Deshalb: Notieren Sie einfach alle Fragen auf einem Block.
Auf die Frage: „Haben Sie noch Fragen an uns?“ antworten Sie nun:
„Ja, vielen Dank. Ich habe mir zur Vorbereitung auf das Gespräch einige Fragen überlegt und sie notiert, damit ich nichts vergesse. Vielleicht gehen wir die Fragen einfach durch. Eventuell hat sich die eine oder andere Frage bereits durch das Gespräch beantwortet. Wir werden sehen.“
… und nun starten Sie mit Ihrer ersten Frage auf dem Block.
Was passiert, wenn die Frage der Fragen nicht kommt?
Manchmal kommt es vor (in ca. 10% der Gespräche), dass Sie am Ende des Gesprächs nicht auf Ihre eigenen Fragen angesprochen werden, weil es die Personaler schlicht vergessen. Nehmen Sie dies bitte nicht einfach hin, denn sonst wäre alle Ihre Zeit der Vorbereitung umsonst gewesen.
Übernehmen Sie stattdessen in Ihrem Sinn das Gesprächsruder:
„Wenn es zeitlich noch passen würde, dann hätte ich gerne noch einige Fragen an Sie gestellt. Hierzu habe ich mir in Vorbereitung auf das Gespräch einige Gedanken gemacht und mir diese auf meinem Block notiert. Vielleicht können wir die Fragen kurz durchgehen?“
In der Regel merkt Ihr Gegenüber, dass er selbst etwas vergessen hat und unhöflich war und Sie können Ihre erste Frage stellen.
Was ist die Kunst an eigenen Fragen im Vorstellungsgespräch?
Das besondere Geheimnis bei diesen Fragen liegt darin, dass es sogenannte „offene Fragen“ sind. Offen heißt, dass Ihr Gegenüber einen Text oder Satz als Antwort bringen muss. Ihr Interviewpartner kann also nicht einfach mit „Ja“ oder „Nein“ antworten kann. Wäre dies der Fall, wären Ihre Fragerunde sehr schnell beendet.
Eigene Fragen für das Vorstellungsgespräch
Lesen Sie nun eine Auswahl von Fragen, die Sie im Gespräch stellen könnten. Darunter finden Sie auch jeweils den Hintergrund der Fragen.
Natürlich wäre es übertrieben, wenn Sie alle aufgeführten Fragen stellen würden. Entscheiden Sie sich besser für 6 bis 8 Fragen, die für Sie besonders wichtig sind. So besteht nicht die Gefahr, dass Ihre Gesprächspartner irgendwann müde werden Ihre Fragen zu beantworten. Es sind aber auch so viele, dass gewiss nicht alle Fragen bereits im Rahmen des Gesprächs beantwortet wurden.
Frage 1
Wie würden Sie einen typischen Arbeitstag in der Abteilung / in dem Bereich beschreiben?
Sie haben Vorstellungen hinsichtlich Ihrer Arbeitszeiten? Eine lapidar klingende Frage, die aber viel beantworten kann. Sie werden hören, wann die Abteilung morgens beginnt, ob es regelmäßige Termine gibt (z.B. Jour fixe, Daily Meetings), ob alle gemeinsam zum Mittagessen gehen, wie viele im Homeoffice sind und wann in der Regel abends die letzten das Gebäude verlassen.
Frage 2
Wie ist die Altersstruktur und die Qualifikation in der Abteilung?
Oftmals ist der Beginn eines neuen Jobs mit einem Umzug in eine neue Stadt bzw. einem neuen Ort verbunden. Gerade für junge Menschen ist es daher sinnvoll, wenn sie im Berufsleben auf Menschen ähnlichen Alters treffen, mit denen man sich ggf. auch privat treffen kann. So ist der Start in einer neuen Umgebung wesentlich einfacher.
Doch nicht nur der persönliche Anschluss ist wichtig, die Frage nach der Altersstruktur kann auch folgenden Hintergrund haben:
Ausschließlich junge (neue) Mitarbeiter in der Abteilung: Es herrscht mit Sicherheit eine dynamische Atmosphäre. Doch wenn alle neu im Unternehmen sind, kennt keiner die Politik und Strukturen des Betriebes. Häufig werden ganz junge Teams auch von älteren Kollegen argwöhnisch in ihrem Handeln beobachtet.
Ausschließlich ältere Mitarbeiter (50+) in der Abteilung: Manchmal sind diese Abteilungen sehr eingefahren, Veränderungen sind schwierig zu gestalten, ganz nach dem Motto: „Das machen wir immer so. Warum sollen wir jetzt etwas verändern?“ Gerade für junge, noch sehr motivierte Mitarbeiter, kann dies eine Bremse sein und zur Frustration führen.
Frage 3
Wie lange existiert das Team bereits in dieser Zusammensetzung?
Bestehende Teams oder neue Teams – beide haben ihren Reiz. Bei bestehenden Teams gibt es ein klares Aufgabengebiet, die Personen kennen sich untereinander. In der Regel sollte es laufen, aber es gibt vielleicht auch eingefahrene Muster. Bei neuen Teams muss zunächst eine erste Phase der Findung erfolgen. Dies kann anstrengend sein, weil es überall menschelt. Neue Teams konnten sich auch in der Vergangenheit nicht im Unternehmen profilieren und sind noch unbekannt.
Frage 4
Ist dies eine neu geschaffene Stelle oder eine Stelle, die neu besetzt wird?
Als Berufseinsteiger ist der Anfang besonders schwer. Man muss es sich nicht unnötig schwer machen, wenn man auf eine gerade geschaffene Stelle gesetzt wird. Denn hier ist das Aufgabengebiet in der Regel noch nicht genau definiert, bzw. die Aufgaben sind nicht immer sauber zu Arbeitskollegen abgegrenzt. Für Profis kann dagegen eine neu geschaffene Stelle höchst interessant sein, weil sie Gestaltungsspielraum bietet.
Frage 5
Wenn die Stelle neu besetzt wird: Warum ist die Stelle vakant?
Manchmal gibt es in Unternehmen Positionen, die man gerne auch als Schleudersitz bezeichnen kann. Inhaber dieser Stellen haben meistens nur ein kurzes Dasein in der Firma. Durch diese Frage können Sie die „Schleudersitzpositionen“ enttarnen. Wenn Ihr/e Vorgänger/in dagegen nach vielen Jahren das Unternehmen verlässt oder vielleicht in Ruhestand geht, gibt es hier nichts zu befürchten.
Frage 6
Wie sieht die Einarbeitung aus, wenn es eine gibt? Gibt es ggf. eine Übergabe?
Diese Frage ist eigentlich selbsterklärend. In der Regel ist der Einstieg einfacher, wenn es eine sauber Einarbeitung und auch noch eine Übergabe durch den Vorgänger gibt.
Frage 7
Wie erfolgt die Entwicklung der neuen Mitarbeiter im Unternehmen? Wie werden Talente und Stärken in Ihrem Unternehmen gefördert?
Gerade für junge Mitarbeiter gibt es häufig (in größeren) Unternehmen einen „Nachwuchspool“ bzw. „Talentepool“. Auch der Bereich Weiterbildung wird mit dieser Frage abgedeckt. Gibt es eine gut organisierte Mitarbeiterentwicklung oder muss man sich zukünftig selbst um sein Weiterkommen kümmern.
Frage 8
Welche Herausforderungen erwarten mich in den ersten drei Monaten auf dieser Position?
Die ist die Frage nach dem Sprung ins kalte Wasser (negativ ausgelegt) oder nach spannenden Projekten (stressig, aber interessant). Oder werden die ersten Monate nur für die Einarbeitung eingeplant.
Frage 9
Gibt es eine unternehmerische Zielvorgabe aus Sicht des Unternehmens für diesen Geschäftsbereich? Wenn ja, welche?
Gerade bei höheren Positionen ist diese Frage relevant. Letztlich werden Führungskräfte auch an ihren Ergebnissen gemessen. Müssen die Prozesse effizienter werden? Ist die Qualität ausreichend? Müssen vielleicht auch Stellen abgebaut werden?
Frage 10
Sind in naher Zukunft Projekte oder Neuerungen/Änderungen auf diesem Gebiet geplant oder vorgesehen?
Gerade Menschen, die gerne fernab der Routine und mehr in Projekten arbeiten möchten, können diese Frage stellen, um für sich selbst eine Perspektive zu schaffen.
Frage 11
Wie würden Sie Ihre Unternehmenskultur beschreiben?
Natürlich hat jedes größere Unternehmen eine Beschreibung von Kultur und Policy auf seiner Homepage. Aber es ist doch viel ergiebiger, wenn die Angestellten selbst über ihren Arbeitgeber berichten. Hier lässt sich so manches Positives aber auch Negatives erfahren und erahnen.
Frage 12
Wie wird bei Ihnen das Thema Homeoffice behandelt? Gibt es klare Regelungen (z.B. Anzahl Tage pro Woche) oder wird dies individuell mit dem/der Vorgesetzten abgestimmt?
In der Corona-Zeit war Homeoffice ein Muss. Direkt im Anschluss wurde noch viel im Homeoffice gearbeitet, aber der Gang ins Büro war wieder mehr im Kommen. Aktuell (Juni 2024) gibt es bei vielen Firmen sog. „Back to Office“ Kampagnen, wo die Regelungen für Homeoffice deutlich reduziert werden. Für viele Berufstätige ist die Möglichkeit, Backoffice zu machen, mittlerweile ein wichtiger Punkt für die Zufriedenheit. Wenn es keine klaren Regelungen gibt, dann hängt die Entscheidung zum Homeoffice oft an der Gunst der Vorgesetzten. Für viele BewerberInnen ist dies ein Ausschlusskriterium, denn sie möchten klare Regelungen haben, auf die sich jeder berufen kann.
Wenn es sich um einen befristeten Vertrag (befristete Anstellung) handelt
Frage 13
Wie würden Sie die Chance einschätzen, dass nach Ablauf des Vertrages der Vertrag wieder verlängert wird bzw. die Möglichkeit einer Übernahme besteht?
Natürlich gibt es keine Garantie, dass Sie eine Vertragsverlängerung erhalten oder sogar übernommen werden. Aus der Antwort lässt sich aber deuten, ob das Unternehmen häufiger verlängert bzw. Mitarbeiter übernimmt. Wenn die Chancen gut sind, dann heißt es anstrengen, was das Zeug hält!
Frage 14
Wann bekomme ich mitgeteilt, ob ich eine Vertragsverlängerung erhalte?
Natürlich gibt es auch hier gesetzliche Fristen, da Sie sich z.B. drei Monate vor Vertragsende beim Arbeitsamt melden müssen. Es ist doch trotzdem wichtig zu wissen, ob und wann Sie sich über Ihre berufliche Zukunft kümmern müssen. Manche Arbeitgeber haben aus erklärlichen Gründen Angst, die Nachricht über ein Vertragsende und somit eine ausbleibende Verlängerung früh mitzuteilen. Es kommt häufig vor, dass Mitarbeiter dann am nächsten Tag eine Krankmeldung bringen. Natürlich möchte der Arbeitgeber diesem Problem aus dem Weg gehen und gibt daher erst möglichst spät diese Info aus. Aber eine positive Nachricht vor der gesetzlichen Frist zeigt doch Wertschätzung gegenüber seinen (auch befristeten) Mitarbeitern.
Zum Abschluss des Gesprächs
Frage 15
Wer wird alles über diese Bewerbung entscheiden?
Wann denken Sie, werden Sie eine Entscheidung treffen?
Falls Sie keine Info am Ende des Gesprächs zum weiteren Vorgehen erhalten, fragen Sie unbedingt nach. Als Wartender kann die Zeit sehr lange werden. Wenn Sie bei mehreren Firmen im Bewerbungsprozess sind, müssen Sie verbindlich Termine zusagen können.
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Welche Fragen haben Sie schon im Vorstellungsgespräch gestellt und mit welcher Zielsetzung?
Ich ergänze gerne diesen Fragenkatalog. Andere Leser werden es Ihnen danken!